Bücher
Nr. 2 • Februar 2013
9
Beatrice Amann-Vesti, Christoph
Thalhammer, Kurt Huck
Kursbuch Doppler- und
Duplexsonografie
Georg Thieme Verlag KG
2012, 3. vollst. überarb. u. aktual.
Aufl., 432 S., 905 Abb., 139,99 €
Immer in Griffweite!
Die Gefäßmedizin war (und ist?)
unter Internisten nicht sehr angese-
hen. Ihre Bedeutung für das Ver-
ständnis fast aller Erkrankungen wird
meist unterschätzt, ist doch das
Gefäßsystem mit seinen großen und
kleinen Gefäßen und dem Derivat
einer Gefäßschleife ein essenzieller
Bestandteil in der Pathogenese der
meisten Erkrankungen. Dabei ist das
nichtinvasive Instrumentarium ins-
besondere zur Beurteilung der größe-
ren Gefäße in der Hand des Geübten
zu fast jedem Zeitpunkt und an fast
jedem Ort zur schnellen Funktions-
einschätzung einsetzbar. An fast allen
Organen können die Gefäße bis auf
Parenchym-Ebene mithilfe der farb-
kodierten Duplexsonographie (FKDS)
anhand des Strömungsverhalten dar-
gestellt und funktionell eingeschätzt,
die Gefäßwände nach sonografischen
Kriterien morphologisch beurteilt
werden.
Im Vergleich zur bereits damals
bemerkenswerten 1. Auflage des
„Kursbuch Doppler-und Duplexsono-
graphie“ erhält der Leser nach 11
Jahren mit der vollständig überarbei-
teten 3. Auflage mit 413 (1.A.: 340)
Seiten, mit 905 (684) Abbildungen,
98 (94) Tabellen, 1 (0) DVD-ROM und
einem Preis von 140 (199) Euro deut-
lich mehr für sein Geld. Es wird ein
aktueller Überblick über das gesamte
Spektrum des Gefäß-Ultraschalls ver-
sprochen. Dabei ist das Alte nicht kri-
tiklos übernommen worden und nur
Neues hinzugefügt worden.
Das Kursbuch hat mit dem Entfernen
der Lernziele des Grund-, Aufbau-
und Abschlusskurses die Gliederung
eines Kurses aufgegeben und ist zu
einem einheitlich strukturierten
Lehrbuch zum Nachschlagen gewor-
den, ideal für die Begleitung im Kurs,
beim Selbststudium und bei der akti-
ven Untersuchung. Die Einteilung in
zwei Kapitel mit den Grundlagen der
Hämodynamik, Dopplertechnik und
Gerätebeschreibung sowie nach Kapi-
teln geordneten anatomischen Regio-
nen und deren vorherrschender
Hämodynamik (und resultierender
Geräteeinstellung) ist stringenter
geworden. Neue Kapitel zu den Kom-
plikationen nach endovaskulären
Interventionen und deren Therapie
sowie die Ultraschalldiagnostik vas-
kulärer Kompressionssyndrome
unterstreichen die wachsende
Bedeutung in der Notfalldiagnostik.
Dazu gehören sollte dann aber auch
die Darstellung des Kompartment-
syndroms mit den Folgen des erhöh-
ten interstitiellen Drucks: Venöses
Lumen und das typische arterielle
Strömungssignal im Seitenvergleich
sind schnell registriert. Das ganz
neue Kapitel Duplexquiz betont den
Lernbuchcharakter und ist zum größ-
ten Teil für die zusätzlichen Seiten
verantwortlich. Herausragend sind
die äußerst sorgfältig erstellten
Abbildungen in bester Qualität, doku-
mentieren sie doch in prägnanter
Form die Kernaussage einer Untersu-
chung. Text, Bilder und Tabellen sind
im Verhältnis zueinander ausgewo-
gen: Die Kernaussagen der Bilder und
Tabellen werden sorgfältig im Text
und im Kontext mit anderen Darstel-
lungsverfahren besprochen. Ideal
zum Memorieren! Man versteht,
welche Darstellung angestrebt wird.
Das „Wie“ wird ausführlichst in den
Grundlagen und auf der DVD disku-
tiert und vorgemacht. Der Text
wurde größtenteils konserviert in
den Grundlagen und aktualisiert in
den Anwendungen. Die Berechnung
des Dialyse-Shuntvolumens ist neu,
aber die Beschreibung der spannen-
den Gefäßadaptation an die neue
Hämodynamik unvollständig
umständlich: Bei der Beschreibung
der Mechanismen darf durchaus der
Begriff der durchblutungs(„fluss“)ab-
hängigen Dilatation zur Optimierung
des shear stress und der Wandhyper-
trophie zur Reduktion der Wand-
spannung fallen. Ebenfalls neu sind
die Besprechung und Darstellung der
A. mammaria interna als potenzieller
Koronar-Bypass, dessen Strömungs-
profil manchmal auch als nichtinva-
siver Kontrollparameter verwendet
werden kann. Ferner gibt es jetzt
auch ein eigenes Kapitel zu TIPS. Die
Vaskulitisdiagnostik ist insgesamt
erweitert worden, leider fehlen Bilder
und Strömungsprofil der Digitalarte-
rien.
Fazit:
Das Buch mit DVD besticht
durch die zahlreichen, sorgfältig ein-
gestellten Aufnahmen in sehr guter
Bildqualität. Es animiert zum Nach-
machen. Text und Bilder bzw. Tabel-
len ergänzen sich durch das ganze
Werk, sodass es sowohl dem Anfän-
ger als auch dem Geübten einen
schnellen Einstieg in die Fragestel-
lung ermöglicht. Es sollte daher
immer auch in Griffweite während
der Untersuchung stehen.
Dr. med. Helge Jepsen
Dr.med.Adrien Hümmer,
Internist, Kardiologe, Not-
fallmediziner und Intensiv-
mediziner, ist Chefarzt der
Inneren Abteilung/Kardio-
logie an der Kreisklinik
Wertingen mit den Schwer-
punkten invasive und inter-
ventionelle Kardiologie und
Intensivmedizin.
Raimund Erbel, Björn Plicht, Philipp
Kahlert, Thomas Konorza
Herzkatheter-Manual
Diagnostik und interventionelle
Therapie
Deutscher Ärzte-Verlag
2012, 974 S., 592 Abb., 149,– €
Profunde
Informationen
Druckfrisch 2012 erschienen mit
mächtigen 974 Seiten aus der Essener
Schule um Professor Erbel steht im
deutschsprachigen Raum neben dem
Herzkatheterbuch von Krakau/Lapp
(2009) nun ein weiteres Manual für
die Arbeit im Herzkatheterlabor zur
Verfügung.
Das Buch beginnt mit einem persön-
lichen historischen Überblick des
renommierten Autors über die von
ihm größtenteils miterlebten und
mitgestalteten Verfahren der invasi-
ven Diagnostik und interventionellen
Therapie. In nur 38 Seiten zieht hier
eine faszinierende Entwicklung an
dem geneigten Leser vorbei, die er
nicht missen sollte. Das Buch folgt
einer logischen Gliederung, begin-
nend mit den Untersuchungsvorbe-
reitungen, den Punktionstechniken
und dem Strahlenschutz. Im Weite-
ren wird akribisch und immer
geführt durch die aktuelle Studienla-
ge jedes diagnostische und therapeu-
tische Verfahren der invasiven und
interventionellen Kardiologie von der
reinen Koronarangiographie bis hin
zur interventionellen Therapie der
HOCM und den kathetergeführten
Klappenimplantationen ausgearbei-
tet. Somit dient es nicht nur dem
Anfänger als wertvoller Begleiter bei
seinen ersten Schritten, sondern auch
dem erfahrenen Untersucher als
wichtiges Nachschlagewerk. Beson-
ders hervorzuheben ist der zu jeder
Zeit spürbare Wunsch der Autoren,
den Leser auszubilden und nicht nur
zu informieren. Dazu dienen eindeu-
tige und unmissverständliche
Beschreibungen der Durchführung
und eine große Zahl an interponier-
ten, farbig markierten Merkfeldern,
die den wichtigen und gut gemeinten
Rat des erfahrenen Ausbilders am
Kathetertisch entsprechen. Viele klei-
ne und wichtige Tricks und Vor-
sichtsmaßnahmen, die man sich erst
nach einigen Jahren Tätigkeit im
Herzkatheterlabor erarbeitet, werden
so an passender Stelle erwähnt. Sehr
viel Wert wird auf die Beherrschung
von Notfallsituationen im Katheterla-
bor gelegt, entsprechend dem Grund-
satz: Das Können des Untersuchers
spiegelt sich im sicheren Umgang mit
akuten Komplikationen wieder.
Nicht vergessen wird eine schrittwei-
se Arbeitsanleitung der verfahrensab-
hängigen Assistenz bis hin zur Zahl
der notwendigen BGA-Röhrchen bei
der Etagen-Oxymetrie. Etwas zu kurz
kommt bei der sonst exzellenten Dar-
stellung die Shunt-Berechnung mit-
hilfe des Rechtsherz-Katheters. Hier
wäre eine Schritt-für-Schritt-Berech-
nung an einem Beispiel hilfreich. Die
Bebilderung des Buches ist ausge-
zeichnet und sehr informativ. Ein
Wermutstropfen ist die beigefügte
CD, die nur Informationsbroschüren
enthält. In der heutigen multimedia-
len Ausrichtung der Information
wäre, dem Anspruch eines Manuals
entsprechend, eine DVD mit prozedu-
ralen Videos eine wichtige und sinn-
volle Ergänzung gewesen, über die
man in der nächsten Auflage drin-
gend nachdenken sollte.
Fazit:
Das Herzkatheter-Manual
erfüllt in jeder Weise die in den Titel
gestellten Erwartungen. Es stellt zu
jeder im Moment verfügbaren inva-
siv-interventionellen Prozedur im
Herzkatheterlabor profunde und auf
dem neuesten Stand befindliche
Information zur Verfügung und gibt
hierzu klar verständliche Arbeitsan-
weisungen. Es ist für den Anfänger,
wie auch den Erfahrenen in gleicher
Weise gut geeignet.
Dr. med. Adrien Hümmer
Reiner W. Heckl
Mit kollegialen Grüßen
Sprachdummheiten in der Medizin
Springer Verlag
2012, 4. Aufl., 119 S., 14,95 €
Mit spitzer Feder
In den Zeiten von Computern mit
Benutzung von Textbausteinen ist das
Schreiben von Arztbriefen eine schnelle
Angelegenheit, das Lesen dagegen gerät
genauso rasch zumMissvergnügen:
Unwichtiges wird breit geschildert,
jedes Detail erwähnt, nur das Wesentli-
che nicht herausgearbeitet, und Angli-
zismen und Metaphern sollen Weltläu-
figkeit demonstrieren. Wie viele Untie-
fen es immedizinischen Sprachmeer
gibt, an denen so manches Arztbrief-
oder Vortragsschiffchen Schiffbruch
erleidet, zeigt uns Reiner W. Heckl in
seinem Buch nun schon in vierter Auf-
lage, jede jeweils überarbeitet und den
aktuellen Sprach(fehl)entwicklungen
angepasst. Schmal ist das Bändchen
und äußerlich eher unscheinbar in
Grau und Weiß, wäre da nicht der
Schreibfederkatapult, der den geneig-
ten Leser ahnen lässt, dass ihn Unge-
wohntes erwartet. Zunächst werden in
kurzen Kapiteln die rhetorischen Sün-
denpfuhle vorgestellt, anhand von Bei-
spielbegriffen wird auf das sich im
zweiten Teil anschließende Glossar ver-
wiesen. Dort werden pointiert Begriffe
von A wie abbilden bis Z wie zwischen-
zeitlich mit spitzer Feder aufgespießt
und zerlegt, es schließt sich jeweils ein
Vorschlag in gutem Stil an.
Das Buch in einem Rutsch von vorn bis
hinten zu lesen ist nicht sinnvoll. Steht
es aber griffbereit, kann man immer
mal ein Kapitel genießen und sich dann
im Glossar die betreffenden Beispiele
anschauen. Verweise im Glossar und
gut gewählte Zitate laden zumWeiter-
schmökern und Nachforschen ein. Und
es zeigt sich, dass auch der stilistisch
Bemühte so manchen Bock schießt.
Denn wer erwartet bei der transito-
risch ischämischen Attacke oder der
arteriellen Hypertonie einen Stilbruch,
ohne das Buch gelesen zu haben? Mög-
licherweise sind einzelnen Lesern die
Ausführungen zu detailversessen, und
sie fühlen sich vom germanistischen
Zeigefinger gegängelt. Mich jedenfalls
hat das nicht gestört, ich habe es als
anregend empfunden.
Fazit:
Dieses Buch ist Medizinmen-
schen zu empfehlen, die trotz Zeit-
druck, Textbausteinen und SMS Freu-
de an der Sprache haben, gerne in
einem Buch schmökern und in
Sprachstilfragen noch beratungsemp-
findlich sind.
Dr. Christoph Michel
Dr. Christoph Michel
ist Internist und Diabeto-
loge. Er arbeitet als haus-
ärztlicher Internist in
eigener Praxis in Berlin.
Dr. med. Helge Jepsen
ist Internist in der
Rettungsstelle des
Vivantes Krankenhau-
ses Neukölln. Zuvor
arbeitete u.a. in der
Klinik für Kardiologie,
Angiologie und Pneu-
mologie an der Charité
und im Gefäßzentrum
Berlin-Brandenburg.
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