Medizin
Nr. 2 • Februar 2013
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P. A. Gurbel et al. untersuchten in der
Trilogy-ACS-Studie Patienten mit ACS
ohne ST-Hebungsinfarkt, die nicht
interventionell behandelt wurden. In
dieser Studie hatte sich kein klini-
scher Unterschied zwischen einer
medikamentösen Therapie mit Clopi-
dogrel oder Prasugrel gezeigt. In einer
Substudie wurde nun die Aktivität
der Thrombozyten mit dem Verify-
Now-Test gemessen und die Redukti-
on der Aktivität mit klinischen End-
punkten, also Tod, erneutem Infarkt,
Schlaganfall und jeglichem Tod, korre-
liert. 27,5% der Patienten aus der Tri-
logy-Studie wurden aufgenommen,
insgesamt 2564 Patienten. Sie waren
außer mit Acetylsalicylsäure mit
75 mg Clopidogrel oder 10 mg Prasu-
grel behandelt worden. Lag das Alter
über 75 Jahren oder das Gewicht
unter 60 kg, wurde eine halbierte
Prasugrel-Dosis von 5 mg gegeben.
Durch die Therapie mit Prasugrel
wurde eine signifikant stärkere Hem-
mung der Thrombozytenaktivität im
Vergleich zu Clopidogrel erreicht
(p<0,001): 64 gegenüber 200 PRU
(=P2Y12 Reaction Units). Auch die
halbierte Dosis Prasugrel reduzierte
die Thrombozytenaktivität signifi-
kant: 139 gegenüber 209 PRU (<75
Jahre, <60 kg, p<0,001) und 164
gegenüber 222 PRU (>75 Jahre,
p<0,01). Der primäre Endpunkt nach
30 Monaten trat in der Prasugrel-
Gruppe bei 17,2% auf, in der Clopido-
grel-Gruppe bei 18,9%. Dieser Unter-
schied war jedoch nicht signifikant
(p=0,29). Es konnte auch nicht gezeigt
werden, dass eine stärkere Aktivitäts-
hemmung zu weniger ischämischen
Ereignissen führt.
Fazit
Prasugrel zeigte im Vergleich zu Clo-
pidogrel eine durchgängig stärkere
Hemmung der Thrombozytenaktivi-
tät, unabhängig von Dosis, Alter und
Gewicht. Es konnten jedoch keine sig-
nifikanten Unterschiede im Auftreten
des primären Endpunkts und kein sig-
nifikanter Zusammenhang zwischen
der Plättchenaktivität und dem Auf-
treten ischämischer Ereignisse gezigt
werden, so die Autoren.
Kommentar zur Studie
Bisher sei noch nie eine Studie dieser
Größenordnung mit einer Messung
der Thrombozytenfunktion durchge-
führt worden, kommentiert M. J.
Price. Die Daten der Studien wiesen
darauf hin, dass es offenbar doch
mehr auf die sehr frühe aggressive
Hemmung der Thrombozytenfunkti-
on ankomme, die besonders bei einer
invasiven Therapie noch einmal
gesteigert würde. In dieser Studie
seien die Patienten konservativ
behandelt worden, insbesondere seien
sie aber erst bis zu 10 Tage, im Mittel
4,5 Tage nach Indexereignis behandelt
und eben auch getestet worden.
JAMA 2012; 308:1806-1809
Sponsoring: Die Studie wurde von zwei
Pharmafirmen finanziert.
Dr. Christoph Feldmann
Der Beitrag ist erstmals erschienen in der
Deutschen Medizinischen Wochenschrift
(Dtsch Med Wochenschr 2013; 138:9).
Alle Rechte vorbehalten.
Die Aktivität der Thrombozyten ist beim akuten Koronarsyndrom
(ACS) verantwortlich für die frühe Stentthrombose und weitere
ischämische Ereignisse. Eine Hemmung dieser Aktivität mit P2Y12-
Hemmern wie Clopidogrel oder Prasugrel ist daher essenziell. Ob
eine messbar stärkere Hemmung der Thrombozytenaktivität zu
einem klinischen Vorteil für die Patienten führt, ist jedoch unklar.
JAMA 2012; 308:1785-1794
Innere Medizin – Kardiologie
Prasugrel effektiver als
Clopidogrel?
Prasugrel weist eine stärkere Hemmung der Thrombozytenaktivität als Clopidogrel auf,
führt jedoch nicht zu einem geringeren Auftreten des primären Endpunkts, so die Autoren.
Die Abbildung zeigt Thrombozyten und Erythrozyten (Quelle: Thieme Verlagsgruppe).
Die prospektive Kohortenstudie (Ams-
terdam Maastricht Utrecht Study on
thrombo-Embolism, AMUSE-2) ergab
eine Fehlerrate unter 2% und lag
damit im Bereich der Spiralcomputer-
tomographie. Mehr als 300 Hausärzte
nahmen an der Studie teil. Aufgenom-
men wurden Patienten, die mit plötz-
licher oder plötzlich verschlechterter
Dyspnoe, inspiratorischen Brust-
schmerzen oder ungeklärtem Husten
in die Praxis gekommen waren. Aus-
schlusskriterium war u.a. eine vorbe-
stehende Antikoagulation. Mit dem
Wells-Score werden klinische Zeichen
einer Lungenembolie, eine Tachykar-
die, Immobilisation, Tumorerkran-
kungen, Hämoptysen sowie eine posi-
tive Vorgeschichte erfragt und die
Wahrscheinlichkeit anderer Diagno-
sen eingeschätzt. Bei einem Wells-
Score ≤4 und einem negativen D-
Dimer-Test (<80 ng/ml) bestand ein
niedriges Risiko für eine Lungenarte-
rienembolie. Trotzdem wurden alle
Patienten in eine Notfallambulanz
überwiesen, wo zusätzlich eine bild-
gebende Diagnostik erfolgte und drei
Monate weiter beobachtet.
Die insgesamt 598 Patienten waren
durchschnittlich 48 Jahre alt und zu
71% Frauen. In 73 Fällen (12,2%) lag
eine Lungenarterienembolie vor.
Einen Wells-Score ≤4 in Kombination
mit einem negativen D-Dimer-Test
definierten die Autoren als niedriges
Risiko. 272 der 598 Patienten wurden
dieser Niedrigrisikogruppe zugeteilt.
Bei 4 der 272 Patienten wurde eine
Lungenembolie diagnostiziert. Die
Fehlerrate lag bei 1,5% (95%-Konfi-
denzintervall [KI] 0,4%-3,7%), die
Effzienz dieser Strategie bei 45,5%
(272/598). Die Sensitivität und Spezi-
fität für die Kombination eines Scores
≤4 und negativem D-Dimer-Test
betrugen 94,5% (95%-KI 86,6%-98,5%)
und 51% (95%-KI 46,7%-55,4%). Bei
einer niedrigeren Schwelle im Wells-
Score von <2 und einem negativen
D-Dimer-Test (168 Patienten, 2 Lun-
genarterienembolien) lag die Fehler-
rate bei 1,2% (95%-KI 0,1%-4,2%). Sen-
sitivität und Spezifität betrugen 97,3%
(95%-KI 90,5%-99,7%) und 31,6%
(27,7%-35,8%). Die Effizienz dieser
Strategie war 28,1% (168/598).
Fazit
Die kombinierte Auswertung von
Wells-Score und D-Dimer-Test war
eine schnelle, zuverlässige und zudem
kostengünstige Methode zum Aus-
schluss von Lungenarterienembolien.
Nach der Validierung sollten nun wei-
tere Studien zur Praktikabilität und
ökonomischen Relevanz folgen, so die
Autoren.
Sponsoring: Die Studie wurde von einer
niederländischen Stiftung, von einer
Herstellerfirma und von einer Pharma-
firma finanziell unterstützt.
Dr. med. Susanne Krome
Der Beitrag ist erstmals erschienen in der
Deutschen Medizinischen Wochenschrift
(Dtsch Med Wochenschr 2012; 137:2467).
Alle Rechte vorbehalten.
Die Verdachtsdiagnose Lungenarterienembolie wird häufig gestellt,
aber nur bei 10-15% der Patienten tatsächlich bestätigt. Geersing et
al. validierten nun die Kombination von Wells-Score und D-Dimer-
Test als zuverlässiges diagnostisches Instrument.
BMJ 2012; 345:e6564
Pneumologie
Sicherer Ausschluss von Lungen-
arterienembolien durch
Wells-Score und D-Dimer-Test
Die Kombination von Wells-Score und D-Dimer-Test eignet sich als Methode zum Aus-
schluss von Lungenarterienembolien, so die Autoren. Bild: CT-Angiographie der Lunge:
Axiale (links) und koronare (rechts) Bildrekonstruktion. Intraluminaler Thrombusnachweis
mit Füllungsdefekten (weiße Pfeile) im Bereich der rechten und linken Lungenarterie
(Quelle: Dtsch Med Wochenschr 2010; 135: 1596-1600).
Kurzmitteilung
Neues System zum Transport von Spenderlungen
G. Warnecke et al. testeten ein neues, transportables „Organ Care System“ (OCS), das eine normothermische Perfusion der zu
transplantierenden Lunge ermöglicht. Die Donorlungen wurden vor der Explantation mit einer Kalium-Dextranlösung perfundiert,
direkt nach der Entnahme an das OCS-Lung-System angeschlossen und daraufhin mit einer Albumin-haltigen Steen-Lösung und
zwei Erythrozyten-Konzentraten perfundiert. Das Perfusat enthielt unter anderem auch Antibiotika, Glukose und Vitamine. Die
Temperatur lag zu Beginn der Perfusion bei 32°C und wurde innerhalb von 10 Minuten auf 37°C erhöht. Das Verhältnis des Sauer-
stoffpartialdrucks zur fraktionierten inspiratorischen Sauerstoff-Konzentration lag vor der Organentnahme bei 436,9. Das finale
Verhältnis bei den transplantierten Lungen lag bei 471,58 (p=0,72). Alle 12 Transplantatempfänger und alle Transplantate überleb-
ten 30 Tage; alle Patienten konnten aus dem Krankenhaus entlassen werden. Laut der Autoren läuft bereits die Rekrutierung für
einen Vergleich der Methode mit dem Standard der gekühlten Lagerung. Lancet 2012; 380: 1851-1858
Um
Kurzmitteilung
Ist die Prognose bei Intervall-Brustkrebs schlechter?
Tritt eine Brustkrebserkrankung im Intervall zwischen zwei Mammographieunter-
suchungen auf, ist die Prognose vergleichbar mit Brustkrebspatientinnen, bei
denen nie eine Mammographie durchgeführt wurde, so M. Kalager et al. aus Nor-
wegen. Die Autoren schlossen 7116 Brustkrebspatientinnen zwischen 50 und 72
Jahren in ihre Analyse ein (1816 Frauen mit Intervallkarzinom und 5300 Frauen
ohne Mammographiescreening). Intervallkarzinome waren geringfügig größer,
und der histologische Typ sowie der axiale Lymphknotenstatus unterschieden sich
nicht wesentlich zwischen den beiden Gruppen. Nach 10 Jahren lagen die Überle-
bensraten bei 79,1% bei Frauen mit Intervallkarzinom bzw. bei 76,8% in der Grup-
pe ohne Mammographie-Screening (Hazard Ratio 0,98; 95%-Konfidenzintervall
0,84-1,15; p=0,53). Die Ergebnisse würden eine aggressivere Therapie von Inter-
vallkarzinomen nicht unterstützen, so die Autoren. BMJ 2012; 345: e7536
Um