Die Bundesregierung hat einen Refe-
rentenentwurf zum Transplantations-
registergesetz vorgelegt. Er basiert auf
einer Selbstverwaltungslösung, an der
der GKV-Spitzenverband, die Deut-
sche Krankenhausgesellschaft und die
Bundesärztekammer beteiligt sind.
Die neue gesetzliche Regelung sieht
eine zentrale Arbeitsebene des Trans-
plantationsregisters vor. Ihre wesentli-
che Aufgabe ist die Koordination der
Partner des Transplantationsregisters
und die Realisierung von Dateninteg-
ration, Datenverfügbarkeit und Da-
tentransparenz. Das Gesetz sichert
auch externen medizinisch wissen-
schaftlichen und juristischen Sachver-
stand, der an die bisher bewährten
Institutionen angegliedert werden
kann.
Im Gesetzentwurf sind die ver-
schiedenen Stufen der Registrierung
beschrieben. Zunächst müssen die
betroffenen Personen, es handelt sich
um die Organempfänger und die Le-
bendorganspender, ihre schriftliche
Einwilligung für ein solches Register
aussprechen. Ihre Daten werden
dann pseudonymisiert in einer Regis-
terstelle verwaltet. Eine zusätzliche
Vertrauensstelle sorgt für eine Ent-
pseudonymisierung, wenn die Daten
für den jeweiligen Fall benötigt wer-
den. Dabei legt die Bundesärztekam-
mer (BÄK) Wert darauf, dass auch
Forschungsdaten mit einbezogen
werden können.
Das Gesetz regelt den Datenfluss
und harmonisiert die seither vorhan-
denen Regelungskompetenzen. Die
BÄK hat zu dem Entwurf Stellung
genommen und hofft, dass die neue
gesetzliche Regelung mit Einführung
des Transplantationsregisters die
transplantationsmedizinische Versor-
gung mit Organbereitstellung, Organ-
allokation und Transplantation selbst
verbessert. Das gleiche gilt auch für
ein Management der Empfänger und
der Spender sowie für eine Überwa-
chung und Qualitätssicherung. Es be-
steht auch die Hoffnung, dass die in
der Vergangenheit bekannt geworde-
nen Datenmanipulationen potenziel-
ler Empfänger durch die Registrie-
rung auf ein Minimum reduziert wer-
den können.
(HFS)
Transplantation:
Gesetz schon in
der Pipeline
Die große Koalition baut
an einer einheitlichen
Datenbasis im Transplanta-
tionswesen. Dafür bereitet
sie ein Transplantations-
registergesetz vor.
REGIERUNG PLANT REGISTER
Die Gesundheitskarte für Flüchtlin-
ge wird es nicht schaffen, eine bun-
desweit einheitliche Versorgung der
Asylsuchenden zu gewährleisten.
Vielmehr wird die Versorgungssitu-
ation trotz der Bemühungen einzel-
ner Länder ein „Flickenteppich“
bleiben – auch, weil die Einführung
vielerorts an Finanzierungsfragen
scheitert. Zu diesem Ergebnis
kommt die Bertelsmann Stiftung in
einer am 9. März veröffentlichten
Analyse. Sieben Bundesländer ste-
cken demnach noch in Verhandlun-
gen mit den Kassen oder haben
höchstens den Entwurf einer Rah-
menvereinbarung vorliegen.
(jk)
Föderaler
Flickenteppich
E-CARD FÜR FLÜCHTLINGE
Der Bundesgerichtshof verlangt von
Ärzte-Portalen künftig bessere Nach-
weise für die aufgestellten und veröf-
fentlichten Behauptungen. Negative
Bewertungen auf Ärzteportalen wie Ja-
meda können Mediziner die Existenz
kosten. Auf den Arztbewertungsporta-
len können Interessierte zum einen In-
formationen über Ärzte abrufen, zum
anderen aber natürlich auch selbst die
Tätigkeit von Ärzten bewerten.
Die Bewertung kann in der Regel
anonym abgegeben werden und ver-
läuft meist nach einer an Schulnoten
orientierten Skala für Kategorien wie
„Behandlung“, „Aufklärung“, „Ver-
trauensverhältnis“, „genommene Zeit“
und „Freundlichkeit“. In einem Frei-
textfeld können oft zusätzliche Kom-
mentare abgegeben werden.
Zahnarzt erhielt mehrfach die Note 6
Im verhandelten Fall hatte ein anonymer
Benutzer auf
einem
Zahnarzt mehrfach die Note „6“ erteilt
und geäußert, er könne den Zahnarzt
nicht empfehlen. Dieser bestritt, den Be-
wertenden je behandelt zu haben und
verlangte von Jameda die Entfernung der
Bewertung vom Portal.
Seiner Klage gegen den Portalbetrei-
ber, die dargestellte Bewertung zu ver-
breiten oder verbreiten zu lassen, hatte
das Landgericht Köln zunächst stattge-
geben, das Oberlandesgericht Köln hatte
sie jedoch später auf die Berufung von
Jameda hin abgewiesen. Der für das All-
gemeine Persönlichkeitsrecht zuständige
VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
(BGH) hat diese Entscheidung nun auf-
gehoben und den Rechtsstreit an das
Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die beanstandete Bewertung sei
keine eigene „Behauptung“ des Por-
talbetreibers, weil dieser sie sich in-
haltlich nicht zu eigen gemacht habe.
Der Portalbetreiber haftet für die vom
Nutzer abgegebene Bewertung des-
halb nur dann, wenn er zumutbare
Prüfungspflichten verletzt hat. Deren
Umfang richtet sich nach den Um-
ständen des Einzelfalles. Maßgebliche
Bedeutung kommt dabei dem Ge-
wicht der beanstandeten Rechtsverlet-
zung, den Erkenntnismöglichkeiten
des Portalbetreibers sowie der Funkti-
on des vom Portal betriebenen Diens-
tes zu. Hierbei darf einem Dienstean-
bieter keine Prüfungspflicht auferlegt
werden, die sein Geschäftsmodell
wirtschaftlich gefährdet oder seine Tä-
tigkeit unverhältnismäßig erschwert.
BGH benennt genaue Spielregeln
Auf der Grundlage der Feststellungen
des Berufungsgerichts hat Jameda seine
obliegenden Prüfpflichten verletzt. Der
Betrieb eines Bewertungsportals trägt im
Vergleich zu anderen Portalen von vorn-
herein ein gesteigertes Risiko von Per-
sönlichkeitsrechtsverletzungen in sich.
Diese Gefahr wird durch die Möglich-
keit, Bewertungen anonym abzugeben,
verstärkt. Zudem erschweren es derart
verdeckt abgegebene Bewertungen dem
betroffenen Arzt, gegen den Bewerten-
den direkt vorzugehen. Vor diesem Hin-
tergrund hätte der beklagte Portalbetrei-
ber die Beanstandung des betroffenen
Arztes dem Bewertenden übersenden
und ihn dazu anhalten müssen, den an-
geblichen Behandlungskontakt mög-
lichst genau zu beschreiben.
Darüber hinaus hätte der Portalbe-
treiber den Bewertenden auffordern
müssen, ihm den Behandlungskontakt
belegende Unterlagen, wie Bonushefte,
Rezepte oder sonstige Indizien möglichst
umfassend vorzulegen. Diejenigen Infor-
mationen und Unterlagen, zu deren
Weiterleitung das Portal ohne Verstoß
gegen Paragraf 12 Abs. 1 Telemedienge-
setz in der Lage gewesen wäre, hätte es
dem Kläger weiterleiten müssen.
(KS)
Urteil des BGH vom 1. März 2016;
Az.: VI ZR 34/15
Portalbetreiber müssen
Beschwerden von Ärzten
bei negativen Bewertungen
ernst nehmen. Und die
Angaben genauer prüfen,
so die Karlsruher Richter.
An der Anonymität der
Bewerter rüttelt der BGH
allerdings nicht.
Online-Bewertung: BGH stärkt Ärzte
8
April 2016
BDI aktuell
Berufspolitik
71,2 Millionen Patienten behandeln
die Fachärzte in unseren Praxen und
Kliniken pro Quartal. Von den insge-
samt 517,9 Millionen ambulanten Be-
handlungsfällen pro Jahr erbringen sie
mit 265,2 Millionen mehr als die Hälf-
te. „Sie sind damit das Rückgrat unse-
rer medizinischen Versorgung“, sagt
Dr. Dirk Heinrich, Vorstandsvorsitzen-
der des Spitzenverbands Fachärzte
Deutschland e.V. (SpiFa). Bei Debat-
ten und Gesetzgebungsverfahren rund
um das deutsche Gesundheitswesen
wird dies aber nur selten bedacht.
Das soll sich ändern, mit einem von
nun an jährlich erscheinenden „Medi-
zinisch-ökonomischen
Fußabdruck
der Fachärzte“ will der SpiFa den Bei-
trag, den die Fachärzte medizinisch
und auch in Sachen Bruttoinlandspro-
dukt beisteuern, sichtbarer machen.
87 Prozent haben Facharztstatus
Der Verband hat beeindruckende Zah-
len zusammengestellt – teils aus eige-
nen Recherchen, teils aus offiziellen
Statistiken wie denen der Bundesärz-
tekammer oder des Statistischen Bun-
desamtes. Von den 334200 Ärzten, die
in Deutschland in den Praxen und
Kliniken tätig sind, kommen immerhin
87 Prozent aus den fachärztlichen Rei-
hen.
Wie sehr der Gedanke ambulant
vor stationär mit Leben gefüllt wird
und somit auch zu einer weniger kos-
tenintensiven Versorgung führt, bele-
gen folgende Daten: Fast 56 Prozent
der Fachärzte arbeiten in der Klinik.
Trotzdem finden laut SpiFa lediglich
sieben Prozent der fachärztlichen Ver-
sorgung tatsächlich im rein stationären
Bereich statt. 19,6 Millionen stationä-
re Behandlungsfälle zählt der Verband
pro Jahr. 93 Prozent der fachärztlichen
Versorgung würden hingegen über den
ambulanten Bereich abgedeckt. Die
durchschnittliche Verweildauer in der
Klinik sei zudem von 2009 mit acht
Tagen auf 7,4 Tage im Jahr 2014 ge-
sunken. Die niedergelassenen und kli-
nisch tätigen Fachärzte hätten den
Krankenkassen allein von 2013 zu
2014 „somit Ausgaben in Höhe von
rund 816 Millionen Euro im stationä-
ren Bereich vermieden“, heißt es. Ei-
nen nicht unerheblichen Beitrag zu ei-
ner wirtschaftlicheren Versorgung lei-
ste aber ebenso die Vor- und Nachsor-
ge durch die niedergelassenen Ärzte.
Der Verband schafft es hierbei tat-
sächlich, den ökonomischen Beitrag der
Fachärzte an der Gesamtwirtschaft dar-
zustellen. Insgesamt sind in der deut-
schen Gesundheitswirtschaft über fünf
Millionen Menschen tätig. Und hieran
sind die niedergelassenen Fachärzte als
Arbeitgeber und Unternehmer beteiligt.
Pro Kalenderjahr würden die niederge-
lassenen Fachärzte eine Milliarde Euro
in den Aufbau und Erhalt von Arbeits-
plätzen und effektiven Versorgungsstruk-
turen investieren – etwa durch Neu- und
Umbau einer Praxis oder Investitionen
in Medizintechnik und IT-Infrastruktur.
Jeder Facharzt trage zusätzlich eine An-
fangsinvestition zwischen 150000 und
1,5 Millionen Euro. Damit zählt der ein
oder andere Facharzt mehr als Mittel-
ständler denn Kleinunternehmer – mit
entsprechenden Steuereinnahmen für
den Staat.
Praxen stellen 670000 Arbeitsplätze
Aber wie gesagt, das Gesundheitswe-
sen darf auch als wichtiger Jobmotor
nicht vernachlässigt werden. Neben
den niedergelassenen und angestellten
Ärzten in Praxis und Klinik arbeiten
laut der Zusammenstellung des SpiFa
allein im stationären Bereich zusätz-
lich 1,1 Millionen Menschen. Der am-
bulante Versorgungsbereich sorge für
weitere rund 670000 Arbeitsplätze.
Zusätzlich wirken die Leistungen der
Fachärzte laut SpiFa indirekt auf die
Bruttowertschöpfung: Nämlich indem
durch die medizinische Versorgung Ar-
beitskraft erhalten bleibt und Arbeitsun-
fähigkeitstage reduziert werden.
Die Fachärzte in Klinik und Praxis
leisten pro Jahr übrigens rund 438
Millionen Arbeitsstunden. Davon ent-
fallen rund 172 Millionen Stunden
auf die niedergelassenen Fachärzte.
Die durchschnittliche wöchentliche
Arbeitszeit in der Praxis liegt bei 53,9
Stunden. Pro Jahr erbringt ein nieder-
gelassener Facharzt dabei im Schnitt
3060 Behandlungsfälle.
Der komplette Bericht des SpiFa als
Download:
Mit verschiedensten Maß-
nahmen versucht die Politik
derzeit, auf die medizini-
sche Versorgungslandschaft
Einfluss zu nehmen. Nicht
immer mit positivem Effekt
für die Ärzte. Dabei wird
verkannt, welche Rolle ge-
rade die Fachärzte medizi-
nisch, aber auch ökono-
misch spielen.
Das leisten Fachärzte für
Versorgung und Wirtschaft
Von Rebekka Höhl
3060
pro Facharzt und Jahr
265,2 Mio.
durch niedergelassene Fachärzte
517,9 Mio.
insgesamt
Ambulante Behandlungsfälle in Deutschland pro Jahr
51,23%
stationäre Versorgung
(nicht leitend)
36,38%
ambulante Versorgung
(niedergelassen)
4,52%
stationäre Versorgung
(leitend)
7,87%
ambulante Versorgung
(angestellt)
Quelle: SpiFa, Januar 2016 Grafik: BDI aktuell
Fachärzte in Deutschland