Forscher des Universitätsklinikums
Freiburg haben einen möglichen
Ansatzpunkt für eine Hepatitis-C-
Impfung gefunden. Das Team
konnte bei Patienten mit akuter He-
patitis C zeigen, dass ein Teil der
follikulären T-Helferzellen die Vi-
ruspartikel erkannte und dadurch
aktiviert wurde (Gastroenterol
2016; 150: 696–706.e3). Zudem
fanden die Wissenschaftler starke
Hinweise, dass die Zellen die Anti-
körper-Produktion gegen das Virus
steuern, heißt es in einer Mitteilung
des Freiburger Universitätsklini-
kums. Die Forscher hoffen, damit
langfristig zur Entwicklung einer
HCV-Impfung beizutragen.
Das Team um Dr. Tobias Böttler
sortierte zunächst in Zusammen-
arbeit mit Kollegen aus dem Uni-
versitätsklinikum München-Groß-
hadern die Immunzellen, die auf
das HC-Virus reagieren. Anhand
von zwei Oberflächenproteinen
identifizierten sie dann die follikulä-
ren T-Helferzellen (Tfh-Zellen),
heißt es weiter. Sie stellten fest, dass
Patienten mit akuter Infektion deut-
lich mehr Virus-spezifische Tfh-
Zellen im Blut hatten als solche mit
chronischer Infektion oder gesunde
Probanden. Zudem stieg mit der
Zahl der aktivierten Tfh-Zellen
auch die Menge der Hepatitis-C-
Antikörper. Das untermauere die
bisherige Vermutung, dass Tfh-Zel-
len an der Steuerung der Antikör-
per-Produktion beteiligt sind.
„Diese speziellen T-Helferzellen
spielen in der Virus-Abwehr offen-
sichtlich eine wichtige Rolle. Damit
sind sie auch ein ideales Ziel für die
Entwicklung von Impfungen“, wird
Studienleiter Böttler in der Mittei-
lung zitiert. Die Studie deutet da-
rauf hin, dass die untersuchten
Tfh-Zellen B-Zellen des Immunsys-
tems aktivieren. „Wir hoffen, mit
unserer Forschung der Entwicklung
einer Hepatitis-C-Impfung etwas
näher gekommen zu sein“, sagt
Böttler.
(eb)
Möglicher
Ansatz für
HCV-Impfung?
Follikuläre T-Helferzellen
erkennen wohl Hepatitis-
C-Viruspartikel und
steuern die Antikörper-
produktion.
FORSCHUNG
Seit der Zulassung der Wirkstoffe der
zweiten DAA-Generation (Direct
Acting Agent) liegt die Heilungsquote
bei Hepatitis-C-Infizierten ja bei über
90 Prozent. Angesichts der nebenwir-
kungsarmen und unkomplizierten
Kurzeittherapie hält es das gemeinnüt-
zige Unternehmen „Leberhilfe Pro-
jekt“ für angebracht, ein konsequentes
Screening in den HCV-Risikogruppen
aufzulegen, um die noch nicht diag-
nostizierten Infizierten zu identifizie-
ren. Knapp 250000 Menschen sind in
Deutschland mit dem Virus infiziert.
Es wird jedoch davon ausgegangen,
dass etwa 40 bis 50 Prozent der Infi-
zierten nicht bekannt sind.
Diese Patienten gelte es zu identifi-
zieren, bevor sie die Endpunkte der
Erkrankung erreichen, sagte Professor
Thomas Berg vom Uniklinikum Leip-
zig bei Vorstellung des Eco-Hep-
Reports, den die „Leberhilfe Projekt“
mit Unterstützung von Ärzten und
Ökonomen erstellt hat. Leberzirrhosen
und andere Spätfolgen wie Leberkrebs
und Transplantationen verursachen
momentan fast 80 Prozent der HCV-
bedingten Management-Kosten, die
Kosten für die Therapie noch nicht
eingerechnet.
Gelinge es, alle HCV-Patienten
durch ein Screening in den Risiko-
gruppen frühzeitig in die Therapie zu
bringen, reduziere sich mit den Jahren
zwangsläufig die Zahl der Neuinfektio-
nen. Werden auf heutigem Niveau bis
2023 jährlich 25000 Eradikations-
Therapien vorgenommen, könne es
gelingen, die Zahl der HCV-Infizierten
bis 2025 auf 5500 und bis 2040 auf
nur noch 834 zu senken, sagte Berg.
Werde dagegen die bisherige Routine
beibehalten, gehe die Zahl der HCV-
Patienten nur langsam zurück und sta-
gniere dann auf einem unnötig hohen
Niveau. 2040 sei immer noch mit
60000 Infizierten zu rechnen, so Berg.
Ein konsequentes HCV-Screening
sei auch ökonomisch sinnvoll, so die
Verfasser des Reports. Derzeit liegen
die gesamtwirtschaftlichen Kosten bei
jährlich knapp zwei Milliarden Euro.
Mit einer Früherkennung stiegen die
Kosten bis zum Jahr 2024 zwar etwas
an. Danach aber, berichteten Professor
Siegbert Rossol vom Krankenhaus
Nordwest in Frankfurt am Main und
Jona Stahmeyer von der Medizini-
schen Hochschule Hannover, sei mit
deutlich sinkenden Belastungen für
alle Kostenträger, also auch Renten-
versicherungen und Arbeitgeber, zu
rechnen.
(juk)
Durch Screening ließen
sich Hepatitis-C-Infektionen
in Deutschland bis 2040
nahezu verhindern und die
Gesamtkosten reduzieren.
Screening könnte HCV-Infektionen deutlich eindämmen
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80%
der HCV-bedingtenManage-
ment-Kosten
werden momentan
durch Spätfolgen der Hepatitis C
wie Leberzirrhosen und Krebs
verursacht, die Kosten für die
Therapie noch nicht eingerechnet.
Hepatitis-E-Infektionen werden welt-
weit immer häufiger. In Deutschland
wird das Virus meist durch Tierkon-
takt aber auch durch Abwässer über-
tragen. Für Patienten mit schwerem
Krankheitsverlauf ist die Kurzzeitthe-
rapie mit Ribavirin eine Option. Syste-
matische Impfungen werden von der
Weltgesundheitsorganisation (WHO)
bislang nur bei Ausbrüchen befürwor-
tet.
In den westlichen Ländern ist die
Zahl der gemeldeten Infektionen mit
Hepatitis-E-Virus (HEV) in den ver-
gangenen Jahren gestiegen, wie Profes-
sor Thomas Berg, Hepatologe von der
Uniklinik Leipzig, berichtet. Ursache
für den Anstieg sei jedoch nicht zuletzt
die gestiegene Aufmerksamkeit für die
Infektion sowie das im Vergleich zu
früher häufigere Testen. In Europa
würden etwa eine von 1000 Blutspen-
den positiv auf HEV getestet, so Berg
beim Gastro-Update in Wiesbaden.
Hierzulande überwiegen mittlerwei-
le die im eigenen Land erworbenen,
meist zoonotischen Infektionen mit
dem Genotyp 3. Überträger sind dabei
häufig Haus- und Wildschweine. Aber
auch durch Kontakt mit Abwässern ist
eine Infektion möglich. So ließ sich im
Rahmen einer italienischen Studie
HEV-RNA in einer von 21 Abwasser-
proben und in einer von 27 Flusswas-
serproben nachweisen, so Berg weiter.
Impfeffektivität bei 87 Prozent
Ein HEV-Impfstoff ist mittlerweile
kommerziell erhältlich. In einer chine-
sischen Zulassungsstudie für den
Impfstoff HEV 239 wurde der Lang-
zeitschutz bei über 100000 Patienten
in Indien untersucht. Die Patienten er-
hielten je eine Impfdosis initial, nach
einem Monat und nach sechs Mona-
ten. Darin konnte eine Erfolgsrate von
87 Prozent für die ersten 4,5 Jahre
nach Impfung belegt werden (NEJM
2015; 372: 914).
Impfung nur bei Ausbrüchen
„Eine WHO-Empfehlung für die Rou-
tineimpfung in Ländern mit niedriger
HEV-Prävalenz wurde bisher nicht
ausgesprochen“, sagt Berg. Jedoch
könne die Impfung größerer Bevölke-
rungsgruppen etwa bei Ausbrüchen
sinnvoll sein, wie die WHO in einem
Positionspapier mitteilt. Da in der Zu-
lassungsstudie ausschließlich zwischen
16- bis 65-jährige geimpft wurden, sei
die Wirksamkeit der Impfung bei Per-
sonen außerhalb dieser Altersgruppen
noch nicht nachgewiesen. Ebenfalls
unklar ist für die WHO-Experten, ob
der Impfstoff eine Kreuzprotektion ge-
gen verschiedene HEV-Genotypen er-
zeugt. Es gebe zudem noch zu wenige
Daten zur Langzeitsicherheit, so Berg.
Da die akute HEV-Infektion, ähn-
lich wie bei Hepatitis A, meist spontan
und folgenlos ausheilt, ist eine medika-
mentöse Therapie meist nicht nötig.
Jedoch seien bisher besonders bei
schwangeren Frauen in Asien und bei
alten Patienten komplizierte Verläufe
bis hin zu Einschränkungen der Le-
ber-Syntheseleistung beobachtet wor-
den, berichtet Berg weiter. In dieser
Situation sei eine Kurzzeittherapie mit
Ribavirin eine Option. Das hätten Da-
ten einer französischen Studie belegt.
Neun der 21 Studienteilnehmer hatten
eine schwere HEV-Infektion mit
Quickabfall und beginnendem Leber-
versagen. Alle Patienten nahmen im
Schnitt 26 Tage lang 600 bis 800 mg
Ribavirin. Die Therapie wurde been-
det, wenn keine HEV-RNA mehr im
Blut nachweisbar war. Bis auf 2 wegen
hepatischer Enzephalopathie verstor-
bene Patienten hatten alle Studienteil-
nehmer nach der Therapie normwerti-
ge Leberenzyme (Liver Int 2016; 36:
328–333).
Berg plädiert besonders bei alten
Patienten mit schwerer HEV-Infektion
und bereits eingeschränkter Leber-
funktion für eine frühzeitige medika-
mentöse Therapie. „In dieser Situation
haben wir mit Ribavirin eine sichere
Therapieoption in der Hand“.
Hepatitis E findet immer
mehr Aufmerksamkeit.
Hierzulande überwiegen die
zoonotischen Infektionen
mit dem Genotyp 3. Die
akute Infektion heilt meist
spontan aus, bei schweren
Verläufen kommt Ribavirin
zum Einsatz.
Hepatitis E: Wann impfen?
Wie therapieren?
Von Stefan Käshammer
Hepatitis E: Die akute Infektion heilt meist spontan und folgenlos aus.
© BLUEBAY2014 / FOTOLIA.COM
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Eine WHO-Empfeh-
lung für die Routi-
neimpfung in
Ländern mit niedri-
ger HEV- Prävalenz
wurde bisher nicht
ausgesprochen.
Professor Thomas Berg
Universitätsklinikum Leipzig
10
BDI aktuell
April 2016
Medizin