Forscher haben einen Genthera-
pie-Ansatz gegen Aids-Erreger er-
folgreich im Labor getestet. Die
Wissenschaftler entwickelten eine
Genschere, mit der sie das Erbgut
von HI-Viren aus infizierten Zellen
von Patienten herausschnitten (Nat
Biotechnol 2016; online 22. Febru-
ar).
Anit-HIV-1-Aktivität belegt
Das Team von Wissenschaftlern des
Heinrich-Pette-Instituts (HPI) in
Hamburg sowie der Technischen
Universität (TU) Dresden konnte
eine
Designer-Rekombinase
(Brec1) entwickeln, die das Provi-
rus der Mehrheit der klinischen
HIV-1-Isolate aus der menschlichen
Wirtszelle herausschneiden und
entfernen kann, heißt es in einer
Mitteilung des Heinrich-Pette-In-
stituts.
Brec1 wurde mittels einer ge-
richteten Evolution generiert, basie-
rend auf der Identifikation einer
hochkonservierten Zielsequenz im
HIV-1-Genom. Eine effiziente und
zielgenaue anti-HIV-1-Aktivität von
Brec1 konnte sowohl in CD4+-Zel-
len HIV-1-infizierter Patienten als
auch in HIV-infizierten humanisier-
ten Mäusen nachgewiesen werden,
heißt es weiter. Zellschädigende
oder genotoxische Nebeneffekte sei-
en dabei nicht ersichtlich gewesen.
Basis für klinische Studien
„Nur eine komplette Entfernung
des HIV-Provirus aus dem Genom
der Patienten kann zu einer voll-
ständigen Heilung der Infektion
führen. Unsere Entwicklung der
Brec1-Rekombinase ist dazu in der
Lage, fast alle bisher bekannten
klinisch relevanten HI-Viren ohne
erkennbare Nebeneffekte wieder
aus infizierten menschlichen Zellen
zu entfernen. Die erzielten Ergeb-
nisse stellen die Grundlage für erste
klinische Studien zur Heilung von
HIV-Patienten dar, die in abseh-
barer Zeit in Hamburg durchge-
führt werden sollen“, wird HPI-
Abteilungsleiter Professor Joachim
Hauber in der Mitteilung des Insti-
tuts zitiert.
(dpa/eb
)
Rekombinase
„schneidet“ HIV
aus der Zelle
Gibt es einen neuen
Ansatz für die HIV-Thera-
pie? Mit Hilfe der Rekom-
binase Brec1 konnten
Wissenschaftler nun
HIV-1-Proviren aus Zellen
entfernen.
GENOME EDITING
Ziel der „Liquid Biopsies“ ist zunächst
die frühzeitige Krebsdiagnose. Aller-
dings sind nach Ansicht von Professor
Klaus Pantel vom Uniklinikum Ham-
burg-Eppendorf vor einer routinemä-
ßigen Anwendung noch einige Hürden
zu überwinden. Zwar lassen sich Tu-
morzellen im Blut nachweisen, und
ihre Zahl hatte in kleinen Studien bei
Brust-, Darm- und Prostata-Ca prog-
nostisch Bedeutung: je höher, desto
schlechter die Prognose. Die klinische
Bedeutung sei jedoch unklar, so Pantel
beim Krebskongress in Berlin. Bei
Hirntumoren habe man zudem bisher
angenommen, dass keine Krebszellen
wegen der Blut-Hirn-Schranke im pe-
ripheren Blut auftauchen. Inzwischen
wurden in einer Studie bei jedem fünf-
ten Patienten im Blut solche Zellen
entdeckt. Das habe zum Beispiel für
die Transplantationsmedizin Bedeu-
tung, wenn Spenderorgane von Hirn-
toten stammen, die an einem Hirntu-
mor erkrankt waren.
Nach Berechnungen kann bei
Krebskranken im peripheren Blut eine
maligne Zelle unter einer bis 100 Mil-
lionen gesunden Zellen entdeckt wer-
den. Ihre Halbwertzeit liegt zwischen
nur einer und knapp zweieinhalb
Stunden. Wie viele letztlich im Blut
auftauchen, ist bei jeder Tumorart an-
ders. Was die Analyse darüber hinaus
weiter erschwert, ist die große genomi-
sche und phänotypische Heterogenität
der Zellen in ein und demselben Pati-
enten. Außerdem tauchen die Krebs-
zellen nicht immer nur einzeln auf,
sondern etwa in Clustern mit anderen
Zellen. Schließlich wies Professor
Matthias Ebert von der Universitäts-
medizin Mannheim darauf hin, dass
beim Nachweis von Zellen solider Tu-
moren im Blut zunächst unklar ist, ob
sie den gesamten Primärtumor reprä-
sentieren oder nur einen Teil.
Auch von der frei im Blut zirkulie-
renden DNA (cfDNA, cell free DNA)
erhoffen sich Onkologen und Patholo-
gen aussagekräftige Hinweise, die sich
für Diagnostik und Therapieplanung
nutzen lassen. Im Vergleich zum Tu-
morzellnachweis ist das Verfahren
zwar näher an der klinischen Anwen-
dung. Aber was sich da im Blut an ge-
netischem Material nachweisen lässt,
stammt nicht nur von Tumorzellen,
sondern auch von gesunden Zellen,
die zugrunde gegangen sind. Die He-
rausforderung ist, die DNA der ver-
schiedenen Zellarten zuverlässig zu
unterscheiden. Man muss sich deshalb
an krebsspezifischen Mutationen ori-
entieren. Wie Jung berichtete, gibt es
seit 2014 einen von der Behörde EMA
zugelassenen Test, mit dem sich
EGFR-Mutationen in Tumorzellen
aus dem Blut von Lungenkrebspatien-
ten nachweisen lassen. Er darf dem-
nach erst dann angewendet werden,
wenn adäquates Gewebe für die Histo-
logie nicht verfügbar ist.
Beim derzeitigen Forschungsstand
plädiert Patel für einen pragmatischen
Ansatz, nämlich für die Diagnostik die
Kombination aus pathohistologischer
Untersuchung und „Liquid Biopsies“
zu wählen.
(ple)
Das Interesse am Nachweis
von Tumorzellen und krebs-
spezifischer DNA im
peripheren Blut wächst. Als
einzige diagnostische Me-
thode reichen „Liquid Biop-
sies“ aber noch nicht aus.
Liquid Biopsies: Es sind noch einige Hürden zu nehmen
14
April 2016
BDI aktuell
Medizin
Obwohl theoretisch viel dafür spricht,
erfreut sich die intravenöse Therapie
mit Betablockern beim akuten Myo-
kardinfarkt keiner großen Beliebtheit.
Das hat mit Ergebnissen älterer Stu-
dien zu tun, in denen diese Strategie
nicht überzeugen konnte.
So wurden in der Mega-Studie
COMMIT-CCS-2 durch Metoprolol
(initial i.v., danach oral) zwar sowohl
die Inzidenz von Re-Infarkten als auch
das Risiko für Kammerflimmern deut-
lich reduziert. Auf die Sterblichkeit
hatte das jedoch keinen günstigen Ein-
fluss. Denn auf der Negativseite der
intravenösen
Betablocker-Therapie
schlug eine deutliche Zunahme von
kardiogenen Schocks zu Buche, die
sehr früh vor allem bei klinisch instabi-
len Patienten mit Zeichen einer einge-
schränkten Ventrikelfunktion (Killip-
Klasse III) gehäuft auftraten. Die Stu-
dien stammen aus einer Zeit, in der
die rasche invasive Revaskularisation
durch perkutane Koronarintervention
(PCI) – anders als heute – noch nicht
Praxis bei STEMI war.
Sympathikusaktivität bremsen
Einige deutsche Kardiologen haben
die Hoffnung nicht aufgegeben, schon
in der Akutphase mit einem
Betablocker den ungünstigen Auswir-
kungen eines Myokardinfarkts mit
ST-Streckenhebung (STEMI) entge-
genwirken zu können. Sie haben sich
unter Leitung von Dr. Fikret Er, Klini-
kum Gütersloh, zusammengetan und
im Oktober 2011 die BEAT-AMI-Stu-
die auf den Weg gebracht (J Am Coll
Cardiol Intv 2016; 9: 231).
Die Rationale für diese Studie ist
nicht neu, aber nach wie vor plausibel:
Eine frühe Betablockade könnte die
erhöhte Sympathikusaktivität bei
STEMI bremsen und so die Voraus-
setzungen für eine Regeneration des
ischämischen Myokards verbessern. In
der BEAT-AMI-Studie sind 101 Pati-
enten mit akutem STEMI (Killip-
Klasse I/II) randomisiert zwei Behand-
lungsgruppen zugeteilt worden: Eine
Gruppe erhielt kurz nach erfolgreicher
PCI den Betablocker Esmolol per kon-
tinuierlicher Infusion für die Dauer
von 24 Stunden, und zwar nach Maß-
gabe einer Senkung der Herzfrequenz
auf 60 Schläge/Minute. Die Behand-
lung in der Kontrollgruppe bestand
aus einer Kochsalzinfusion (Placebo)
ohne Frequenzkontrolle. Die Aus-
gangs-Herzfrequenz betrug im Schnitt
knapp 80 Schläge/Minute. In der
Gruppe mit Esmolol-Infusion sank sie
auf 68,4 und in der Placebo-Gruppe
auf 73,8 Schläge/Minute.
Fokus auf kardiale Biomarker
Die Studie ist nicht groß genug, um
die Wirksamkeit anhand klinischer
Endpunkte bewerten zu können. Statt
dessen wurde auf kardiale Biomarker
als Surrogat fokussiert. Primärer End-
punkt war die maximale Veränderung
der Troponin-T-Konzentration als
prognostisch relevanter Marker für das
Ausmaß der Myokardschädigung.
Die Ergebnisse der Biomarker-
Messungen lassen auf protektive
Effekte der frühen Betablockade
schließen: In der Esmolol-Gruppe war
die kardiale Troponin-T-Freisetzung
signifikant um rund ein Drittel gerin-
ger als in der Placebo-Gruppe. Ein
ähnliches Muster ergab sich auch bei
der Messung weiterer Marker wie CK,
CK-MB und NTpro-BNP, wobei der
Unterschied für CK und CK-MB je-
weils signifikant war. Die Inzidenz kar-
diovaskulärer Ereignisse war in beiden
Gruppen gleich. Der 6-Minuten-Geh-
test offenbarte eine signifikant höhere
Belastungsfähigkeit der mit Esmolol
behandelten Patienten nach sechs Mo-
naten.
Auch in der METOCARD-CNIC-
Studie konnten die Untersucher bei
270 STEMI-Patienten günstige Effek-
te einer frühzeitigen intravenösen
Betablockade (mit Metoprolol) nach-
weisen, die in einer Reduktion der
Infarktgröße resultierten.
Mit beiden Studien ist ein Neu-
anfang gemacht, das Konzept der frü-
hen Betablockade bei STEMI wieder
auf die wissenschaftliche Tagesord-
nung zu setzen. Damit es aber auch zu
einer ernsthaften Option für die Praxis
werden kann, muss deutlich mehr pas-
sieren. Die positiven Ergebnisse beider
Studien rechtfertigen es, die Strategie
der früh eingeleiteten Betablockerthe-
rapie bei akutem Myokardinfarkt nun
in größeren randomisierten Studien
mit klinischen Endpunkten zu unter-
suchen. Dafür bedarf es aber auch
größerer finanzieller Mittel. Ob Spon-
soren bereit sein werden, diese zur
Verfügung zu stellen, bleibt abzuwar-
ten. Dass die Therapie selbst sehr
preisgünstig ist, steht außer Frage.
Die frühe intravenöse Beta-
blockergabe zählt nicht zu
den Routinemaßnahmen
beim akuten Myokard-
infarkt. Zu Unrecht?
Deutsche Kardiologen
finden jedenfalls in einer
Studie Hinweise darauf,
dass eine solche Behand-
lung kardioprotektives
Potenzial besitzen könnte.
Von Peter Overbeck
Herzinfarkt: Renaissance der
sehr frühen Betablockade?
Bei ST-Hebungs-Myokardinfarkt auf dem schnellsten Weg zur Revaskularisation in ein Herzkatheterlabor.
© MATHIAS ERNERT, DRK
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Unsere Studie
rechtfertigt eine
große, multizentri-
sche, prospektive
Untersuchung der
Frequenzkontrolle
bei Patienten mit
ST-Hebungs-
Myokardinfarkt.
Dr. Fikret Er, Gütersloh
und seine Co-Autoren der
BEAT-AMI-Studie.