Medizin
Nr. 3 • März 2014
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Änderungen des Quick-Werts zu
erwarten. Im Spitzenspiegelbereich
können INR-Werte > 2 erwartet wer-
den [5–7]. Auch hier gibt es jedoch
große Unterschiede in Abhängigkeit
vom Reagenz. Bei gleicher Dabiga-
tran-Konzentration von 1000 μg/l
wurden so bei verschiedenen Reagen-
zien INR-Werte im Bereich von 1,6 bis
> 3 gemessen [9].
Bei verändertem Quick-Wert unter
Einnahme von NOAC muss folglich an
eine beeinflussende Wirkung der ent-
sprechenden Medikamente gedacht
werden. Leicht bis moderat vermin-
derte Quick-Werte wenige Stunden
nach der Einnahme von NOAC bedür-
fen keiner weiteren Abklärung. Wer-
den aber tiefe Quick-Werte nach
einem längeren Intervall oder sehr
tiefe Quick-Werte gemessen, müssen
andere Einflussfaktoren in Betracht
gezogen werden (z.B. Vitamin-K-Man-
gel, irrtümliche Einnahme von VKA,
Hemmkörper). Der Quick-Test und die
INR wurden zum Monitoring von VKA
entwickelt. Sie dürfen nicht für das
Monitoring der NOAC verwendet wer-
den. Die Quick-Werte unter NOAC sind
stark abhängig vom eingesetzten
Quickreagenz. Jedes Labor sollte den
entsprechenden Einfluss kennen.
kurzgefasst
Die FXa-Inhibitoren Apixaban
und Rivaroxaban und der Thrombin-
Inhibitor Dabigatran beeinflussen den
Quick-Test in Abhängigkeit von der
Plasmakonzentration. Der Quick-Test
und die INR wurden zum Monitoring
von VKA entwickelt. Sie dürfen nicht
für das Monitoring der NOAC verwen-
det werden.
Aktivierte partielle Thromboplastin-
zeit (aPTT)
Testprinzip
Durch Zugabe von aPTT-Reagenz zu
Citratplasma wird die Kontaktphase
aktiviert, d.h. die Startphase der intrin-
sischen Gerinnung mit den Faktoren
XII und XI. Anschließend wird der
Ablauf der Gerinnungskaskade durch
Zugabe von Kalziumionen gestartet
und die Zeit bis zur Gerinnselbildung
gemessen. Die Bestandteile des aPTT-
Reagenz sind Aktivatoren des Kontakt-
systems (z.B. Kaolin) und Phospholipi-
de. Der Test erfasst die Gerinnungsfak-
toren der sogenannten „intrinsischen
Gerinnungskaskade“: hochmolekulares
Kininogen, Präkallikrein, sowie die
Faktoren XII, XI, IX, VII, X, V, II (Pro-
thrombin) und Fibrinogen.
Einfluss der NOAC
Die Hemmung von FXa durch Rivaro-
xaban und Apixban beeinflusst den
Gerinnungsablauf des intrinsischen
Wegs. Im aPTT-Test kommt es zu
einer Verzögerung in der Gerinnsel-
bildung und somit zu einer Verlänge-
rung der aPTT. Die Gabe von 20 mg
Rivaroxaban führt zu einer aPTT-Ver-
längerung um das 1,5- bis 1,8-Fache
[2]. Zu berücksichtigen sind auch hier
die Schwankungen im Tagesverlauf.
So findet man bereits 12 Stunden
nach Erstgabe von Rivaroxaban 10 mg
keine Änderung der aPTT mehr [10].
Der Thrombin-Inhibitor Dabigatran
verändert die aPTT stärker als die Xa-
Inhibitoren. Bei Patienten, die 2 ×
150 mg Dabigatran pro Tag erhalten,
steigt die aPTT um ca. das 2-Fache an.
12 Stunden nach der letzten Einnah-
me ist die mittlere aPTT immer noch
um das 1,5-Fache verlängert. Zu die-
sem Zeitpunkt zeigen weniger als 10%
der Patienten eine über das 2-Fache
verlängerte aPTT [20]. Auch hier muss
berücksichtigt werden, dass die
gemessenen aPTT-Werte vom ver-
wendeten Reagenz abhängig sind und
damit in verschiedenen Labors sehr
unterschiedlich sein können.
aPTT-Verlängerungen unter Therapie
mit NOAC müssen demnach kritisch
hinterfragt und unter Berücksichti-
gung der Zeit seit Medikamentenein-
nahme beurteilt werden. Sie können
hinweisend sein für eine Überdosie-
rung und Akkumulation. Bei verlän-
gerter aPTT müssen immer auch
andere Ursachen als NOAC diskutiert
werden. Der aPTT-Wert darf nicht als
Maß für die Antikoagulation mit
NOAC verwendet werden.
kurzgefasst
Die aPTT ist sehr empfindlich
für den Thrombin-Inhibitor Dabiga-
tran, etwas weniger für die FXa-Inhi-
bitoren Rivaroxaban und Apixaban.
Der aPTT-Wert darf nicht als Maß für
die Antikoagulation mit NOAC ver-
wendet werden.
Thrombinzeit (TZ)
Testprinzip
Thrombin wird in definierter Konzen-
tration zu Citratplasma gegeben und
die Gerinnungszeit gemessen. Die
Konzentration ist so eingestellt, dass
normales Plasma („Standardhuman-
plasma“) nach 10–20 s gerinnt.
Einfluss der NOAC
Aufgrund des Testprinzips ist die
Thrombinzeit unabhängig von der
Aktivität des FXa [10]. Daher wird sie
durch die FXa-Inhibitoren Apixaban
und Rivaroxaban nicht beeinflusst.
Dabigatran als Thrombin-Inhibitor
hingegen verlängert die Thrombinzeit
deutlich. Die Relation zwischen
Thrombinzeit und Dabigatran-Plas-
makonzentration ist weitgehend line-
ar [20]. Bei entsprechender Kalibrie-
rung eignet sich eine modifizierte
Thrombinzeit sehr gut für die Bestim-
mung der Dabigatran-Wirkstoffspie-
gel. Als Faustregel kann im klinischen
Alltag gelten, dass eine normale
Thrombinzeit die Anwesenheit von
Dabigatran im Wesentlichen aus-
schließt.
kurzgefasst
Die FXa-Inhibitoren Apixaban
und Rivaroxaban beeinflussen die
Thrombinzeit nicht. Dabigatran ver-
längert die Thrombinzeit weitgehend
proportional zur Konzentration.
Fibrinogenbestimmung
Testprinzip
Im klinischen Alltag wird in der Regel
die Fibrinogenbestimmung nach
Clauss verwendet. Daher beschränken
wir uns auf diesen Test. Nach Zugabe
von Thrombin zur Patientenprobe
wird die Gerinnungszeit gemessen.
Im Gegensatz zur Thrombinzeitbe-
stimmung wird Thrombin im Über-
schuss zugegeben. Dadurch ist die
Reaktion einzig vom Fibrinogen
abhängig und die gemessene Throm-
binzeit ist proportional zur Fibrino-
genkonzentration.
Einfluss der NOAC auf die Fibrinogen-
Bestimmung
Aufgrund des Testprinzips hat der FXa
keinen Einfluss auf die Fibrinogenbe-
stimmung. Damit ist die Bestimmung
unabhängig von der Einnahme von
Apixaban oder Rivaroxaban.
Als direkter Thrombin-Inhibitor
hemmt Dabigatran die Aktivität des
zur Patientenprobe zugefügten
Thrombins und kann bei entspre-
chender Konzentration falsch-niedri-
ge Fibrinogenwerte vortäuschen.
Allerdings bestehen auch hier große
Unterschiede in Abhängigkeit der ver-
wendeten Reagenzien. Teilweise rea-
gieren die Testsysteme auch bei
hohen Konzentrationen kaum, teil-
weise sind sie sehr empfindlich [9].
Dies ist hauptsächlich von der ver-
wendeten Thrombinkonzentration
abhängig [6]. Somit gilt auch hier:
Jedes Labor muss den Einfluss von
Dabigatran auf den eigenen Test zur
Fibrinogenbestimmung kennen. Tiefe
Fibrinogenspiegel unter Einnahme
von Dabigatran müssen kritisch hin-
terfragt und im Zweifelsfall 12 Stun-
den nach Dabigatran-Einnahme wie-
derholt werden.
kurzgefasst
Apixaban und Rivaroxaban
beeinflussen die Fibrinogen- bestim-
mung nach Clauss nicht. Dabigatran
führt je nach Reagenz zu korrekten
oder aber zu falsch-niedrigen Fibrino-
genwerten.
Anti-Faktor-Xa-Bestimmung
(chromogene Methode)
Testprinzip
Zu Patientenplasma wird eine stan-
dardisierte Menge FXa und ein chro-
mogenes Substrat gegeben. Ein Teil
des FXa wird vom Antikoagulanz
gehemmt. Der Rest des FXa spaltet
das chromogene Substrat und wird so
quantitativ erfasst. Chromogene Anti-
Xa-Tests werden eingesetzt zur Spie-
gelbestimmung von Heparinen oder
Fondaparinux unter Verwendung ent-
sprechender Kalibratoren.
Einfluss der NOAC
Als direkte FXa-Inhibitoren haben Api-
xaban und Rivaroxaban einen unmit-
telbaren Einfluss auf die anti-FXa-
Bestimmung. Diese Testsysteme kön-
nen daher zur Bestimmung der Plas-
makonzentration von Apixaban und
Rivaroxaban herangezogen werden [1,
3, 4]. Jedoch muss der Test für jedes
Medikament mit spezifischen Kalibra-
toren angepasst werden. Die Labors
müssen daher einen eigenen Test für
jedes Medikament etablieren und der
Auftraggeber muss das jeweilige
Medikament korrekt angeben (Apixa-
ban, Rivaroxaban, Fondaparinux,
unfraktioniertes Heparin, niedermole-
kulare Heparine). Das heißt aber auch,
dass die verschiedenen Medikamente
die Spiegelbestimmung der anderen
beeinflussen können. Rivaroxaban im
Plasma verändert zum Beispiel den
Test für unfraktioniertes Heparin. Die-
ser Umstand birgt eine zusätzliche
Gefahr für Fehlinterpretationen, deren
man sich bewusst sein muss.
Dabigatran als Thrombin-Inhibitor
beeinflusst die chromogene anti-FXa-
Bestimmung hingegen nicht.
kurzgefasst
Die Spiegelbestimmungen von
Apixaban und Rivaroxaban erfolgen
mittels chromogener anti-FXa-Assays
mit entsprechenden Kalibratoren.
Dabigatran beeinflusst die anti-FXa-
Bestimmung nicht.
Nachweis von D-Dimeren
Testprinzip
Der Nachweis von D-Dimeren erfolgt
mittels Immunoassays, bei denen spe-
ziell dafür hergestellte Antikörper an
Fibrinspaltprodukte binden. Die dabei
entstehenden Immunkomplexe wer-
den quantitativ oder qualitativ durch
optische Detektion bestimmt.
Einfluss der NOAC
Die Testverfahren sind unabhängig
von der Gerinnungsaktivität. Die
Bestimmung der D-Dimere wird
daher durch Apixaban, Rivaroxaban
oder Dabigatran nicht beeinflusst.
Unter prophylaktischer oder thera-
peutischer Antikoagulation wird die
Gerinnungsaktivität grundsätzlich
gehemmt, was zu tieferen D-Dimer-
Spiegeln führen kann. Dies entspricht
jedoch nicht einer Interferenz mit
dem Testsystem.
Abb.2
Schematische Darstellung der Gerinnungskaskade.
VIIIa
XII
XI
IX
XIIa
XIa
IXa
X
Va
Xa
IIa
II
Dabigatran
Apixaban/
Rivaroxaban
Fibrinogen
Fibrinmonomere
Tissuefactor
VIIa
VII