„Die breite Kritik der vergangenen Wochen scheint am Bundesgesundheitsminister komplett abgeperlt zu sein. Mit dem vorgelegten Entwurf führt die Bundesregierung alle Bemühungen, die ambulante Versorgung zu stärken, ad absurdum. So, wie das Kabinett das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz beschlossen hat, kann es nicht bleiben“, kritisiert BDI-Präsidentin Christine Neumann-Grutzeck den Beschluss.
Die extrabudgetäre Vergütung von Neupatienten sowie erbrachter Leistungen im Rahmen der offenen Sprechstunde wurden erst im Jahr 2019 mit dem TSVG eingeführt, um Wartezeiten zu reduzieren. Gleichzeitig wurden die Sprechstundenzeiten für GKV-Versicherte um 25 Prozent ausgeweitet.
„In der jetzigen Form werden die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen für ihren Mehraufwand vollkommen inakzeptabel bestraft. Das TSVG hat gewirkt. Die Daten des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) belegen, dass signifikant mehr Neupatienten versorgt wurden“, sagt Dr. Norbert Smetak, 1. BDI-Vizepräsident.
Laut Smetak begeht Gesundheitsminister Lauterbrach gleich doppelten Wortbruch, wenn er unter fadenscheinigen Argumenten das TSVG, das er selbst mitunterstützt hat, abwickelt: „Die finanziellen Mittel sollen gestrichen, aber die Leistungen erhalten bleiben. Das wird nicht funktionieren! Unter diesen Voraussetzungen ist es unvermeidlich, dass die Praxen ihre Sprechstundenzeiten reduzieren müssen. Für Patientinnen und Patienten bedeutet das längere Wartezeiten. Wenn der Minister etwas Anderes behauptet, ist er unehrlich“, so Smetak.
Zudem sei der Kurswechsel ein herber Schlag für das Vertrauen in die Politik und für die ambulante Versorgung: „Wir sind auf die Verlässlichkeit politischer Entscheidungen angewiesen und brauchen Planbarkeit, um unsere Praxen zu betreiben. Gerade mit Blick auf die Kostenentwicklung in einem budgetierten System und dem Fachkräftemangel sind die TSVG-Mittel ein wichtiger Faktor“, betont der BDI-Vizepräsident.
Viele Kolleginnen und Kollegen sind mit ihrer Geduld am Ende: „Die Politik bekräftigt zwar immer wieder das Prinzip „ambulant vor stationär“. Mit diesen Entscheidungen drängend wir die Kolleginnen und Kollegen aber eher aus der vertragsärztlichen Versorgung, statt die Niederlassung attraktiver zu machen“, bekräftigt auch Neumann-Grutzeck.
Aus Sicht der BDI-Präsidentin ist es dringend notwendig, den Gesetzentwurf im parlamentarischen Verfahren nachzubessern: „Wir begrüßen daher ausdrücklich die Stimmen aus den Reihen der FDP und von Bündnis 90/Die Grünen, die dies angekündigt haben. Gleichzeitig unterstützen wir mit aller Macht bereits angekündigte Protestaktionen. So kann es nicht weitergehen.“