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| Meinung

Wir brauchen eine Reform der Reformen

© Phil Dera

Nach dem Ampel-Aus hat die Politik direkt in den Wahlkampfmodus geschaltet. Die Krankenhausreform wurde noch auf den letzten Metern durchgeboxt, alle anderen Gesetze liegen vorerst auf Eis. Was wir jetzt nicht gebrauchen können: Stillstand im Gesundheitswesen.

Aber fangen wir mit der Krankenhausreform an: Die politische Zerrissenheit mit Blick auf das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) wurde sinnbildlich, als Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke seine Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher entließ – und das direkt vor der entscheidenden Bundesratssitzung. Nonnemacher wollte sich bei der Abstimmung über die Anrufung des Vermittlungsausschusses enthalten, Woidke wollte für die Anrufung stimmen. Auch die Thüringer zeigten sich bei der Abstimmung nicht einheitlich. Am Ende wurde ihre Stimme als ungültig gewertet. Und: Baden-Württemberg prüft zurzeit eine Klage gegen die Krankenhausreform (Stand zum Redaktionsschluss: 2.12.2024). Das KHVVG – ein einziges Drama. Dabei ist eine Krankenhausreform essenziell, um das große Kliniksterben zu verhindern. Aber nicht in dieser Version.

Ein großer Kritikpunkt ist die geplante Vorhaltekostenvergütung, die weiterhin auf Fallzahlen basiert. Eine echte Vorhaltefinanzierung muss unabhängig von Fallzahlen sein, um Fehlanreize zu vermeiden und die Kliniken wirtschaftlich zu stabilisieren. Und: Die flächendeckende Öffnung von Krankenhäusern für vertragsärztliche Leistungen ist ineffizient und schwächt die Praxen.

CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge kündigte in der Augsburger Allgemeinen an, dass die Union im Falle einer künftigen Regierungsführung das KHVVG „schnell korrigieren und verbessern“ werde. Auch die Ära Lauterbach sei laut Sorge dann vorbei, das Gesundheitsressort gehöre in die „Hände der Union“. Wir dürfen gespannt sein. Neben der Krankenhausreform müssen auch die anderen, vorerst geparkten, Gesetze wie das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) oder die Notfallreform dringend überarbeitet und zügig auf die Straße gebracht werden. Wir brauchen jetzt eine Reform der Reformen – und das so schnell wie möglich.

Die geplante Entbudgetierung der Hausärzteschaft darf nicht mehr auf sich warten lassen. Auch die Fachärzteschaft muss in einem neuen GVSG von der Budgetierung befreit werden. Wir müssen die Ambulantisierung vorantreiben. Ein weiterer wichtiger Punkt auf der Agenda: Die Abschaffung der Sozialversicherungspflicht für Poolärztinnen und -ärzte, um die Notfalldienste zu sichern.

Bei der Notfallreform fordern wir mehr Patientensteuerung. Nach der Devise: digital vor ambulant, ambulant vor stationär. Und das konsequent. Mit unseren Positionspapieren stehen wir auch für die nächste Regierung zum Austausch bereit. Wir wünschen uns, dass die künftigen politischen Akteurinnen und Akteure mehr auf uns Praktikerinnen und Praktiker hören. Nur wir kennen die Probleme an der Basis.

Die Diskussionen im begonnenen Wahlkampf zeigen aber auch, dass die Gesundheitsversorgung bei all den aktuellen Herausforderungen unter dem Radar läuft. Wirtschaft, Verteidigung und Migration sind die Mega-Themen. Die Menschen erleben aber täglich, wie unsere Versorgung immer mehr schwächelt. Wir werden dafür sorgen, die medizinische Versorgung auf der Agenda zu platzieren. Wir brauchen jetzt wegweisende Lösungen für eine moderne und zukunftsfähige Gesundheitsversorgung. Wir als BDI werden uns weiterhin auch im Jahr 2025 mit allen Kräften dafür stark machen.

Ich wünsche Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Start ins neue Jahr.

Ihre

Christine Neumann-Grutzeck
Präsidentin

Erschienen in BDIaktuell 12/2024 - 1/2025