Von Doris Wettmann (Syndikusrechtsanwältin, Justiziarin, BDI)
Sachverhalt: Der Inhaber einer Hausarztpraxis war von der zuständigen Überwachungsbehörde aufgefordert worden, für von ihm ausgestellte Betäubungsmittelrezepte die dazugehörigen Unterlagen wie Patientendokumentation, Arztbriefe, Befunde etc. zur Einsichtnahme zur Verfügung zu stellen. Die Behörde wollte die medizinische Indikation der Verschreibungen des Arztes zu diversen Betäubungsmitteln wie Methylphenidat und Fentanyl überprüfen, denn gemäß § 13 Abs. 1 BtMG dürfen Ärzte Betäubungsmittel nur verschreiben, wenn ihre Anwendung im menschlichen Körper begründet ist. Sie berief sich auf § 22 Abs. 1 Nr. 1 BtMG, wonach die mit der Überwachung beauftragten Personen befugt sind, Unterlagen über den Betäubungsmittelverkehr oder die Herstellung oder das der Herstellung folgende Inverkehrbringen ausgenommener Zubereitungen einzusehen und hieraus Abschriften oder Ablichtungen anzufertigen, soweit sie für die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs oder der Herstellung ausgenommener Zubereitungen von Bedeutung sein können.
Entscheidung: Das Bundesverwaltungsgericht gab dem klagenden Arzt Recht: Die Überwachungsbehörde ist nach § 22 Abs. 1 Nr. 1 BtMG nicht befugt, über die Einsicht der betreffenden ärztlichen Betäubungsmittelverordnungen hinaus Einsicht in Patientenunterlagen zu nehmen, auch wenn sie für die Sicherheit oder Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs von Bedeutung sein könnten.
Auf Patientenakten finde die Vorschrift keine Anwendung, sie seien keine Unterlagen im Sinne dieser Vorschrift: Zwar könne das Ziel einer effektiven Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs dafür sprechen, den Überwachungsbehörden eine entsprechende Befugnis einzuräumen, aber § 22 BtMG biete weder aufgrund seines Wortlautes noch aufgrund seiner Auslegung eine gesetzliche Grundlage für die Annahme, Patientenakten als vom Begriff her als „Unterlagen über den Betäubungsmittelverkehr“ anzusehen.
Fazit: Zur Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs dürfen keine Pateintenakten herangezogen werden. Auch wenn aus einer ärztlich ausgestellten Betäubungsmittelverschreibung keine (medizinische) Begründung ersichtlich ist, dient nur sie als Grundlage zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs.
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