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| Recht

Nah genug?

Nach § 24 Abs. 5 Ärzte-ZV kann ein Vertragsarzt spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen in ausgelagerten Praxisräumen durchführen, wenn diese sich in räumlicher Nähe zum Vertragsarztsitz befinden. Wann ist das Kriterium der „räumlichen Nähe“ zum Vertragsarztsitz für ausgelagerte Praxisräume erfüllt?

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Nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 18.05.2022 – Az.: B 6 KA 12/21 R ist hierfür eine zeitliche Erreichbarkeit innerhalb von maximal 30 Minuten ausreichend. Das Bundessozialgericht hat kürzlich entschieden, dass dem Erfordernis der “räumlichen Nähe“ zum Vertragsarztsitz nach § 24 Abs.5 Ärzte-ZV nicht entgegen stehe, dass sich die Praxisräume für Laboruntersuchungen 9 km entfernt vom Vertragsarztsitz  befinden und von dort aus innerhalb von 19 Minuten in verkehrsstarken Zeiten zu erreichen sind. Bei der Auslagerung von Praxisräumen sieht der Senat die zeitliche Erreichbarkeit am Vertragsarztsitz innerhalb von maximal 30 Minuten generell als geeignetes Kriterium zur Bestimmung der räumlichen Nähe an. Es stelle sicher, dass der Vertragsarzt zur Durchführung seiner Sprechstunden und auch bei Notfällen am Vertragsarztsitz persönlich zur Leistungserbringung in angemessener Zeit zur Verfügung steht. Der Senat hält damit nicht an seiner bisherigen Ansicht zur berufsrechtlichen Vorgängerregelung fest: Danach musste “in den Augen des Publikums“ eine organisatorisch einheitliche Praxis auch bei Auslagerung einer Praxisstätte vorliegen. Engere Organisationsstrukturen sind durch Digitalisierungen möglich geworden, so dass eine zeitliche Erreichbarkeit von 30 Minuten vom Vertragsarztsitz inzwischen ein geeignetes Kriterium darstellt. Hiermit ließen sich auch unterschiedliche strukturelle Voraussetzungen von ländlichen und urbanen Gebieten vergleichen und gleichzeitig den jeweiligen Anforderungen Rechnung tragen. Die Eingrenzung der räumlichen Nähe durch die Erreichbarkeit trage mit einer vereinfachten Überprüfung der Anforderungen durch die KVen zu einer vorhersehbaren und möglichst gleichmäßigen Rechtsanwendung bei.

Weiterhin gilt allerdings, dass nur spezielle Untersuchungs- und Behandlungsleistungen, wie z.B. zytologische Laborleistungen in den ausgelagerten Praxisräumen erlaubt sind: Soweit ein Arzt besondere Leistungen auch regelmäßig am Hauptsitz erbringt, sind diese bezogen auf die ausgelagerten Praxisräume nicht „speziell“ im Sinne der Vorschrift. Der Begriff der speziellen Leistung ist dabei allerdings nicht allein auf das von der jeweiligen Arztgruppe erbrachte Leistungsspektrum zu beziehen.

Damit kann die eingangs gestellte Frage wie folgt beantwortet werden: Ist der Vertragsarztsitz innerhalb von 30 Minuten von den ausgelagerten Praxisräumen erreichbar, ist das Kriterium der räumlichen Nähe im Sinne des § 25 Abs. 5 Ärzte-ZV erfüllt.

Mit dieser Entscheidung hat das BSG die bereits in einigen KV Bereichen gelebte Praxis und die Möglichkeit weiterer Entfernungen für ausgelagerte Leistungen ohne Arzt- Patienten Kontakt bestätigt.