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Petitionsausschuss: Ein Schauspiel der Versprechungen

© BDI/ Phil Dera

In einer weiteren Runde des gesundheitspolitischen Theaters hat der Petitionsausschuss am 19. Februar eine bemerkenswerte Vorstellung geboten. Die Hauptdarsteller, angeführt von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, jonglierten geschickt mit Versprechen und unverbindlichen Ankündigungen, während die Zuschauer, vertreten durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), mit Frustration und Enttäuschung zurückblieben.

Anlass für die Anhörung im Ausschuss war die erfolgreiche Petition der KBV zur Rettung der ambulanten Versorgung. Die Petition zur Aktion #Praxenkollaps, die auch der BDI tatkräftig unterstützt hat, haben mehr als 550.000 Menschen unterzeichnet und damit ihre Unterstützung für die alarmierende Realität der Vertragsärztinnen und -ärzte gezeigt: Überbordende Bürokratie, schlechte Vorgaben bei der Digitalisierung und ein Honorar, das mit der Kostenentwicklung nicht mehr mithalten kann.

Nach den Krisengipfeln der letzten Wochen und Monate, zuletzt auch mit den Fachärzten (SpiFa), zeigte der Minister zwar immerhin teilweise Verständnis für die Kolleginnen und Kollegen in den Praxen. Aber weder wollte er die Verantwortung für die aktuelle Lage übernehmen, noch hatte er greifbare Lösungen parat. Stattdessen jonglierte Lauterbach geschickt mit Ausreden – Schuld sind immer die Vorgänger – und Vertagungen. Mehr als vage Zusagen auf eine bessere Zukunft waren dem Minister nicht abzuringen.

Einen bitteren Nachgeschmack ließen insbesondere seine Bemerkungen über die langfristige Natur von Reformen und die Unmöglichkeit, sofortige Lösungen zu bieten, zurück. Die Realität ist nämlich, dass die dringenden Probleme der ambulanten Versorgung nicht bis in alle Ewigkeit aufgeschoben werden können. Wir brauchen jetzt Lösungen! Und natürlich wäre es problemlos möglich, die Entbudgetierung der Hausärzte, die bereits im Koalitionsvertrag angekündigt wurde, mit einem Artikelgesetz sofort umzusetzen. Man muss es nur wollen.

Dasselbe gilt auch für die Entbudgetierung der Fachärzte. Die ist derzeit aber nicht geplant, eben weil Herr Lauterbach sie nicht will. Deswegen hat man im Ministerium die Kosten einer solchen Maßnahme auch nie berechnet. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Ideologie schlägt Pragmatismus. Das System muss immer erst gegen die Wand gefahren werden, bevor die Politik eine „vorausschauende“ Entscheidung trifft.

Deswegen dürfen die Ärztinnen und Ärzte sich in dieser Legislaturperiode übrigens auch keine Hoffnungen mehr auf eine neue Gebührenordnung (GOÄ) machen.

Die Krankenkassen hingegen versuchten, das Bild einer blühenden Gesundheitslandschaft zu malen und wiederholen das Mantra schlecht verteilter finanzieller und personeller Ressourcen. Man träumt von Substitution und Digitalisierung und verkennt dabei den Kern des Problems: Es geht nicht nur um Quantität, sondern auch um die Qualität und Zugänglichkeit der Versorgung. Im Petitionsausschuss endet das Schauspiel. Zurück bleiben diejenigen, die wirklich unter den Mängeln des Gesundheitssystems leiden. Ihre Hoffnungen auf schnelle und wirksame Reformen wurden erneut enttäuscht, während die politischen Akteure weiterhin ihre Rollen spielen und die eigentlichen Probleme ungelöst bleiben. In Brechts Worten: „Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen // Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“

Ihre 

Christine Neumann-Grutzeck
Präsidentin

Erschienen in BDIaktuell 3/2024