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Belegärzte einfach vergessen?

Im Eckpunktepapier zur Krankenhaus-Reform wurde ein Versorgungsbereich komplett ausgeblendet: die Belegärzte. Wird das nicht korrigiert, entstehen neue Versorgungslücken.

Belegärztinnen und -ärzte machen Spitzenmedizin. Sie werden allerdings im Eckpunktepapier der Expertenkommission Krankenhausreform gar nicht erwähnt. Ob das an der Zusammensetzung des Gremiums hängt? Zur Erinnerung: Im Eckpunktepapier wird eine Neuordnung der Krankenhauslandschaft mit Skalierung der Krankenhäuser nach folgenden Leveln vorgeschlagen:

  • Level Ii (integrierte ambulant/stationäre Versorgung, vorwiegend nicht ärztliche Versorgungseinrichtung mit geriatrischem Schwerpunkt und internistischer und chirurgischer Grundversorgung),
  • Level In (mit Notfallstufe I, vorwiegend in strukturschwachen Regionen),
  • Level II,
  • Level III,
  • Level IIIU (Universitätsmedizin),
  • Spezialisierte Fachkliniken.

Gleichzeitig wird die Einführung von Vorhaltepauschalen auf Basis von bestehenden Leistungszahlen grundsätzlich positiv bewertet, da sie ökonomische Fehlanreize reduzieren. Durch die Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Leistungen soll das Leistungsspektrum zudem auch auf den vertragsärztlichen Bereich ausgedehnt werden. Vertragsärzte sollen allerdings erst zukünftig an der Versorgung von stationären Patienten in Level I Krankenhäusern teilnehmen können.

Das Aus für die Basisversorgung?

Das Leistungsspektrum von Belegärzten unterscheidet sich davon nicht nur, es ist auch innerhalb der belegärztlichen Arbeit sehr unterschiedlich. Es reicht von der Grundversorgung entsprechend dem Level I bis hin zur komplexen Diagnostik und zu therapeutischen Eingriffen auf universitärem Niveau (Level III). In hoher Zahl werden z.B. Koronarangioplastien und Herzklappenerkrankungen behandelt. Belegärztliche onkologische Zentren transplantieren Stammzellen, in den Zentren der Gastroenterolgie erfolgen bildgebende Diagnostik und alle interventionellen Verfahren. Chirurgische Kliniken und HNO-Kliniken sind z.B. spezialisiert auf Tumorchirurgie und minimal invasive Eingriffe. Besonders in den letzten Jahren hat sich das belegärztliche Leistungsspektrum deutlich erweitert und unterstützt damit die allseits gewollte Ambulantisierung der Patientenversorgung und der ärztlichen Weiterbildung.

Für belegärztliche Krankenhäuser und Abteilungen der Basisversorgung entsprechend Level Ii dürfte es allerdings wirtschaftlich eng werden. Eine Vorhaltepauschale ist nicht vorgesehen und mit einer Tagespauschale werden sich keine komplexeren Leistungen aus dem Bereich der internistischen Grundversorgung (Endoskopie, nicht-invasve Kardiologie u.ä.) finanzieren lassen. Level Ii Krankenhäuser werden mit einer EBM-basierenden Finanzierung der ärztlichen Leistungen nicht überleben können. Übrig bleiben geriatrische Versorgungseinrichtungen und Angebote für die Kurzzeitpflege.

Hoch spezialisierte Beleghäuser gehören dagegen in den Level II oder sie werden als spezialisierte Fachkliniken entsprechend gefördert. Die Zuordnung von Belegkrankenhäusern zu bestimmten Leveln oder zu spezialärztlichen Fachkliniken ist bislang allerdings nicht definiert. Zumindest für die hochspezialisierten Beleghäuser wäre diese Einordnung eine Möglichkeit, die qualifizierte Medizin an der Schnittstelle ambulant und stationär fortzuführen und zu erweitern. Gesellschaftlich hat das Belegarztsystem klare Vorteile. Sowohl in der Basisversorgung als auch in der hochdifferenzierten Medizin ist es von Vorteil, wenn die Versorgung des Patienten in wenigen und kompetenten Händen bleibt.

Betreuung aus einer Hand

Patienten von Belegärztinnen und -ärzten werden von ihrem Arzt vor, während und nach dem Eingriff betreut, Abstimmungen und mögliche Doppeluntersuchungen werden so vermieden.Spitzenmedizin auf dem Level II und III mit komplexen Eingriffen, 24/7-Notfallmedizin und Intensivmedizin muss auch für Belegabteilungen und belegärztliche Krankenhäuser mit der entsprechenden Qualifikation möglich bleiben. Die Versorgungsqualität muss das entscheidende Argument sein. Die aktuellen Vorschläge benötigen eine Öffnungsklausel für regionale Entscheidungen zum Wohle der Patienten.

Der Bundesgesundheitsminister und seine Länderkollegen sind aufgefordert, dies zu berücksichtigen. Der Weg zur ambulanten Medizin ist richtig, die gut funktionierenden belegärztlichen Strukturen dürfen auf diesem Weg aber nicht zerstört werden.

Dr. med. Wolf Andreas Fach, Vorsitzender des Landesverbandes Hessen im BDI
Prof. Dr. med. habil. Ahmed Madisch, Chefarzt im Centrum Gastroenterologie Bethanien, Frankfurt am Main
Dr. med. Thomas Schmidt, Vorstandsmitglied des BDI

erschienen in BDIaktuell 2/2023