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Alles unter vier!

Sektorenverbindene Versorgung kann recht einfach sein, wie ein Konzept des SpiFa zeigt. Vielleicht greift die Politik die Idee ja jetzt auf.

PD Dr. med. Kevin Schulte / © Privat

Von PD Dr. med. Kevin Schulte, 2. Vizepräsident des BDI

Die Neugestaltung der intersektoralen Versorgung gehört zweifelsohne zu den komplexesten Problemen des deutschen Gesundheitswesens. Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) hat unter der Federführung des ehemaligen BDI-Präsidenten, Dr. Hans Friedrich Spies, sowie des ehemaligen KBV-Chefs, Dr. Andreas Köhler, bereits vor zwei Jahren einen verhältnismäßig einfachen Reformvorschlag gemacht (wir berichteten), der nun erneut Aktualität gewinnt.

Verweildauer als Indikator

Nach dem Konzept sollen alle Patienten mit solchen ICD-Diagnosen, die zurzeit im Schnitt in vier oder weniger Tagen stationär behandelt werden, zukünftig sowohl ambulant als auch stationär behandelt werden können. Damit das auch geht, müssen jedoch einige Grundvoraussetzungen erfüllt sein: Erstens ist eine ausreichende Vergütung notwendig. Hierfür sieht das SpiFa-Konzept als Grundbasis die jeweilige DRG-Fallpauschale vor, die in Höhe von 90% vergütet werden soll. Die Leistungen sollen unabhängig davon, ob sie ambulant oder stationär erbracht werden, gleich entlohnt werden. Unterschiedliche Vorhaltekosten werden bewusst nicht berücksichtig, um einen Ambulantisierungsanreiz zu setzen. Damit es auch möglich ist, all diese Leistungen im ambulanten Bereich zu erbringen – aktuell gilt dort der Erlaubnisvorbehalt, der nur die Erbringungen von bestimmten, zugelassenen medizinischen Leistungen erlaubt – soll zukünftig ambulant wie stationär der Verbotsvorbehalt gelten. So wäre es dann zukünftig auch möglich, dass Innovationen von ambulant her ins deutsche Gesundheitswesen Einzug nehmen.

Kooperationsvertrag wäre Pflicht

Damit die Leistungen ambulant wie stationär auch gesichert auf demselben Qualitätsniveau erbracht werden, ist zudem vorgesehen, dass der GBA allgemeingültige Qualitätsvorgaben für die Erbringung der jeweiligen Leistungen vorgibt. Weiterhin sollen die ambulanten Leistungserbringer dazu verpflichtet werden, mit Krankenhäusern vor Ort einen Kooperationsvertrag zu schließen. So soll die Notfallversorgung der Patienten im Falle einer Komplikation gesichert werden. Um dieses Konzept rechtlich umzusetzen, wird eine Zusammenfassung der Paragrafen 115 bis 122 SGBV, diese regeln zurzeit die intersektorale Versorgung in Deutschland, zu einem neuen Paragrafen gefordert. Die Grundidee des Konzeptes – „alles unter vier“ – hat den Charme der Einfachheit. Anders als tausende Einzelleistungen auf ihre ambulante Erbringbarkeit zu prüfen, wie dies z.B. im aktuellen IGES-Gutachten gemacht wurde, werden all diese Leistungen zunächst als ambulant erbringbar definiert. Da das Konzept die Einführung einer abgewandelten Vergütung nach dem DRG-System fordert, man könnte auch von einer Hybrid-DRG sprechen, könnte es in den anstehenden Beratungen eine interessante Diskussionsgrundlage darstellen.

Erschienen in BDIaktuell 06/2022